Erstes Cradle to Cradle® Café in Hamburg
Anfang November fand das erste Cradle to Cradle® Café in Hamburg statt. Der niederländische Keramikflächenspezialist Mosa lud hierzu, gemeinsam mit den Partnerunternehmen Ahrend und Desso, in das Wälderhaus in Wilhelmsburg ein. Die von EPEA Internationale Umweltforschung GmbH unterstützte Veranstaltung bildete ein besonderes Ereignis für Fachpublikum, Redner und das gesamte Organisationsteam.
Im Mittelpunkt der Veranstaltung stand die Vorstellung des Cradle to Cradle® (C2C) Prinzips und dessen Anwendung in der Bauwirtschaft. Ein Thema, das für Fachleute aus der Baubranche von großem Interesse ist, sodass sowohl Architekten, Vertreter aus der Industrie als auch Investoren an der Veranstaltung teilnahmen. Mit Prof. Dr. Michael Braungart und Valentin Brenner konnten zwei angesehene Experten als Redner für das Event gewonnen werden, die interessante Einblicke in das Thema Nachhaltigkeit gegeben haben.
Prof. Dr. Braungart ist einer der beiden Begründer der C2C Philosophie und wissenschaftlicher Direktor der EPEA in Hamburg. Valentin Brenner ist C2C Experte bei Drees und Sommer und berät bei der Umsetzung nationaler und internationaler Bauprojekte, bei denen die C2C Prinzipien in die Gestaltung und Umgestaltung nachhaltiger Gebäude und Gelände einfließen.
Die Designprinzipien von Cradle to Cradle®
Auf gleichermaßen unterhaltsame und informative Weise stellte Prof. Braungart seine Sichtweise der „Designprinzipien von Cradle to Cradle®“ vor und wies anhand von plakativen Beispielen auf das heute vorherrschende „Cradle to Grave“ Verhalten hin. Die heute weit verbreitete Vision einer Gesellschaft ohne Müll regte produktive Diskussionen an und Prof. Braungart erklärte die hierzu konträren C2C Prinzipien: Abfall ist Nahrung, Verwendung erneuerbarer Energien und Nutzung der Vielfalt der Natur. Eine kontroverse Sichtweise zu dem bisher vorherrschenden Grundsatz „Vermeiden, Reduzieren, Sparen“.
Auf die Architektur angewendet bedeuten die C2C Prinzipien einen Wandel hin zur Verwendung von ausschließlich qualitativ hochwertigen, sortenreinen und nicht-giftigen Baumaterialien. Design und Konstruktion sind so zu gestalten, dass bei der Zerlegung eines Gebäudes oder einzelner Elemente, Werkstoffe voneinander getrennt und somit die einzelnen Bestandteile wiederverwendet werden können. Ziel des Cradle to Cradle® Konzeptes ist die Schaffung einer Innovationsplattform für Qualitätsverbesserungen und neue Geschäftsmodelle: „Öko-Effektivität“ statt reiner „Öko-Effizienz“.
Die nächste Generation werthaltiger Gebäude
Valentin Brenner stellte heraus, dass im Bereich des nachhaltigen Bauens das Thema Energieeffizienz in den letzten 15 Jahren im Mittelpunkt stand. Das überrascht nicht, denn die Baubranche ist für etwa ein Drittel der globalen CO2-Emissionen verantwortlich. Das Thema der Rohstoffnutzung jedoch wurde bisher weitestgehend außer Acht gelassen, obwohl die Branche für fast die Hälfte des globalen Rohstoffverbrauches verantwortlich ist und mittlerweile 85 % der Unternehmen im Bausektor unter steigenden Rohstoffpreisen leiden. Grund dafür ist, dass sich der Rohstoffverbrauch in den vergangenen 100 Jahren verzehnfacht hat, wodurch auch das Abfallaufkommen steigt. Die zunehmende Nachfrage und die generelle Ressourcen-Knappheit führen auch in Zukunft zu weiter steigenden Rohstoff-Preisen. Stoffkreisläufe entwickeln sich in Folge dessen zum neuen Thema im Bauwesen. Primäre Ziele dabei sind, dass sich Materialkosten in Anteilen wieder zurückgewinnen lassen, Gebäude als Rohstofflager fungieren und Sondermüll beim Rückbau der Vergangenheit angehört.
Insgesamt werden an die nächste Generation von Gebäuden neue Anforderungen gestellt: Sie sollen ein Gesundes Innenklima aufweisen, Flexibilität über die gesamte Lebensspanne bieten, einen positiven Beitrag für die Gesellschaft und die Umwelt leisten und Wertsicher sein.
Zertifizierung bereits auf Produktebene
Im Gegensatz zu Gebäudezertifikaten stellt Cradle to Cradle® eine Produkt-Zertifizierung dar. Durch die Betrachtung und Analyse des Rohstoff-Einsatzes und verwendeter Produktionsprozesse bereits auf Produkt-Ebene wird die Grundlage für ein neues Qualitätsverständnis in der Bau- und Immobilienwirtschaft geschaffen. Durch diesen Wandel bieten sich kontinuierlich neue Geschäftsfelder, welche den Einfluss auf die Baupraxis in Zukunft noch weiter verstärken werden.
Interaktiver Austausch über die Zukunft des Bauens
Die praxisnahen Vorträge gaben interessante und tiefgreifende Einblicke in die Prinzipien des Cradle to Cradle® Ansatzes, stellten den grundlegenden Wandel der gesamten Bau- und Immobilienindustrie dar und zeigten die vielseitigen Synergien zwischen nachhaltigem und wirtschaftlichem Handeln auf.
Es entstanden interessante und produktive Diskussionen zwischen Fachpublikum, Rednern und Organisatoren, welche die Bedeutung des Themas Nachhaltigkeit insbesondere in der Bau- und Immobilienindustrie bestätigten und die Veranstaltung zu einem Ort des Austauschs über die Zukunft des nachhaltigen Bauens werden ließen.
Präsentation