Das allererste Cradle-to-Cradle® Café in Deutschland fand an einem schönen Herbstmorgen im Mosa Architectural Ceramics Center (MACC) in Frankfurt statt. Ein besonderer Moment für das Fachpublikum, die beiden Redner und das Organisationsteam.
Im Mittelpunkt der Veranstaltung stand die Vorstellung des Cradle-to-Cradle® (C2C) Prinzips und seine Übertragung auf die Architektur. Ein Thema, das für Architekten und Projekteure aus dem Bauwesen heutzutage von großem Interesse ist, wie sich anhand der gut besuchten Reihen mit über 60 Teilnehmern zeigte. Für diese besondere Themenstellung konnten zwei führende Sprecher gewonnen werden: Prof. Dr. Michael Braungart und der Architekt Steven Beckers.
Michael Braungart ist einer der beiden Begründer der C2C Philosophie und wissenschaftlicher Direktor der „EPEA Internationale Umweltforschung GmbH“ in Hamburg. Sein neues Buch „The Upcycle“ wurde kürzlich veröffentlicht. Steven Beckers, ursprünglich Architekt aus Brüssel, begründete die sog. Lateral Thinking Factory. Heutzutage berät er hauptsächlich Projektentwickler bei größeren Bauvorhaben in Europa und bei außereuropäischen Projekten, bei denen die C2C Prinzipien in die Gestaltung und Umgestaltung nachhaltiger Gebäude und Gelände einfließen.
Die Designprinzipien von Cradle-to-Cradle®
Prof. Braungart stellte seine Sichtweise der „Designprinzipien von Cradle-to-Cradle“ vor. Nachdem er Folgen des zur Zeit noch anhaltenden „Cradle-to-Grave“ Verhaltens aufzeigte, malte er uns die Visionen einer Gesellschaft ohne Müll aus. Keine „Plastiksuppe“ mehr in den Meeren, die das grausame Sterben von Seevögeln bedeutet, keine weitere Zerstörung von Ressourcen durch das sog. „thermal recycling“ in Kraftwerken. Außerdem keine einstürzenden Häuser mehr durch Erdbeben und die Verwendung mangelhafter Stahlkonstruktionen. Aus der C2C Perspektive können diese Veränderungen durch bewußtes Umdenken erreicht werden, das auf drei Prinzipien basiert: Abfall = Nahrung, Nutzung von Solarenergie, Vielfalt ausnutzen. Anders als der Grundsatz „Vermeiden, Reduzieren, Sparen“, heute noch der gebräuchlichste Umweltregulativ, der für die meisten Leute jedoch eine negative Assoziation hat.
Mit anderen Worten: die Konstruktion von Häusern aus qualitativ hochwertigen Baumaterialien und die Verwendung nicht-giftiger Materialien, die zu einem gesünderen Raumklima führen. Keine Verwendung von Baustahl, der aus recycelten Autos gewonnen wurde, zu hohe Anteile an Kupfer und Quecksilber enthält und daher das Material schwächt. Das Design sollte vielmehr vorsehen, dass bei der Zerlegung von Fahrzeugen Stahl und Kupfer so voneinander getrennt werden, dass die einzelnen Bestandteile wiederverwendet werden können anstatt für immer verloren zu sein. Am Ende wird dieses Verhalten sogar zur Steigerung der Profitabilität des Herstellers beitragen. Nur wenn Architekten, Designer, Unternehmen und Investoren in innovativer Weise zusammen arbeiten und sich dem Markt mit neuen Business Modellen annähern, können langfristig positive Effekte erzielt werden. Und dies ist auch das Ziel der Cradle-to-Cradle Philosophie: Aufbau einer Innovationsplattform für Qualitätsverbesserung und gute Geschäftsmodelle. „Öko-effektiv“ anstatt „Öko-effizient“. Am Ende aller Betrachtungen stellt sich die Frage: ist ein Baum effizient oder effektiv?
Cradle-to-Cradle: „Häuser wie Bäume, Städte wie Wälder“
Nach einer kurzen Pause übernahm Steven Beckers seinen Teil des Gastvortrags und diskutierte mit dem Publikum die Anwendungen von Cradle-to-Cradle in der Baupraxis. Wie bestimmt das Design Gebäude, die saubere Luft und Wasser produzieren, Pflanzen und Tiere berücksichtigen und gleichzeitig zum CO2 Austausch beitragen sollen ? Beispiele wie der Block 6 in Berlin, das Gulele Botanical Center in Addis Abeba, Covent Garden in Brüssel und der Business Park 2020 in Hoofddorp, The Netherlands (www.park2020.com) wurden vorgestellt. Steven Beckers zeigte außerdem den Zusatznutzen von Gebäuden, die nicht nur aus nachhaltigen Materialien gebaut wurden, sondern so konstruiert sind, dass sie schnell und einfach wieder zerlegt und die einzelnen Materialien wieder verwertet werden können. Solche Gebäudetypen generieren sowohl höhere Einnahmen bei der Vermietung als auch einen höheren Wiederverkaufswert. Diese wichtige Entwicklung wird sich in Zukunft noch stärker auf die neuere Baupraxis auswirken.
Alles in allem gaben beide Vorträge den Zuhörern viele Denkanstöße, die auch während und nach dem Mittagessen noch für einigen Diskussionsstoff sorgten.
Das Cradle-to-Cradle Café hat eine LinkIn Seite und eine website www.cradletocradlecafe.com, auf der man die Inhalte der bisherigen Veranstaltungen und Vorträge und die Planung der künftigen Cafés nachlesen kann.
Präsentation